Gemeinderatssitzung 07. August 2009:
Beratzhausen ohne Haushalt
Die
Marktgemeinde Beratzhausen steht in diesem Jahr voraussichtlich zum ersten
Mal in seiner Geschichte ohne Haushalt dar, denn aufgrund einer
Pattsituation konnte in der jüngsten Haushaltssitzung des Gemeinderats der
vorgelegte Haushaltsplan nicht wie geplant verabschiedet werden.
Alle Fraktionssprecher waren sich in einem Punkt einig: sie forderten,
dass in den kommenden Jahren der Haushaltsplan wieder früher vorgelegt
werden soll, um auf diese Weise einen besseren Überblick zu erhalten und
somit über Einzelthemen besser entscheiden zu können. Auch wurde
fraktionsübergreifend die Meinung vertreten, dass einige Entscheidungen
sicher anders ausgefallen wären, wenn die Gemeinderäte vorher eine
Übersicht über die finanzielle Situation der Gemeinde gehabt hätten. Eine
Woche vor der Sitzung hatten die Gemeinderäte den Haushaltsplan mit einem
Volumen von 11,8 Millionen € erhalten. Diese Summe setzt sich aus einem
Verwaltungshaushalt von 7,3 Mio € und einem Vermögenshaushalt von 4,4 Mio
€ zusammen. Die Freie Finanzspanne war bei 190.000,-- € angesiedelt.
Aufgrund von Zins- und Tilgung in Höhe von 900.000,-- €. gegenüber der
Neu-Kreditaufnahme in Höhe von 1,2 Mio € hätte sich eine
Gesamtverschuldung von 8,2 Mio € und somit Pro-Kopf-Verschuldung von
1460,-- € ergeben. Für 2010 hatte man ein Haushaltsvolumen von 13,8 Mio
€, für 2011 von 12 Mio € Und 2012 von 17,2 Mio € geplant. Neben den
Pflichtaufgaben waren Punkte wie der Bau des Gemeinschaftshauses in
Pfraundorf in Höhe von 450.000,-- € und die Sanierung des
Hypovereinsbankgebäudes mit 870.000,-- €, sowie der Bau des
Labertalradwanderweges mit 1,1 Mio € für die kommenden Jahre vorgesehen
worden. Genau diese Posten waren es auch, die bei SPD, UB und Freien
Wählern auf Unverständnis stießen. Sie vertraten die Ansicht, dass
angesichts einer derartigen Verschuldung des Marktes und den anstehenden
Pflichtaufgaben wie eben Kanal oder aber auch Schulhaussanierung kein
Platz dafür sei.
Kritik
aus den eigenen Reihen
Andreas Niebler hatte neben der späten Vorlage des Haushaltes noch mehr
kritische Parameter anzuführen. Als ersten Punkt monierte er, dass sich
die Zuführung zum Vermögenshaushalt halbiert, die Freie Finanzspanne im
Jahr 2008 noch 806.000,-- Euro betragen habe nun nur noch mit 190.000,--
angesetzt wurde. Auch gefiel ihm nicht, dass die Pro-Kopf-Verschuldung
aufgrund der neuen Kreditaufnahmen von 6,4 Mio Euro in den kommenden
Jahren um 800,-- Euro auf 2001,-- Euro steigen wird. Hinsichtlich des
Labertalradwanderweges wollte er neue Lösungsansätze suchen. Dennoch
sprach er sich dafür aus, das Zahlenwerk mit zu tragen, da alle anderen
Maßnahmen gemeinsam beschlossen worden seien.
Kritikpunkte der Fraktionen
Die enorme Rücklagenentnahme und die immense Darlehensaufnahme bei
geringer Tilgung kritisierte Gerhard Rinkes. Er plädierte daher, auf „heiß
diskutierte“ Maßnahmen wie das Gemeinschaftshaus in Pfraundorf zu
verzichten. Außerdem wunderte er sich über die Tatsache, dass trotz des
Gemeinderatsbeschlusses hinsichtlich des Hypovereinsbankgebäudes dennoch
die Summe für einen Gesamtumbau eingestellt wurde. Eine Feststellung, die
von Alois Dürr nur noch unterstrichen wurde. Außerdem rechnete Rinkes mit
einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit den Bürgern am Zehentberg und
somit mit der entsprechenden Baukostenbelastung für den Markt
Beratzhausen. Als positiv betrachtete er die Sanierung des
Allwetterplatzes an der Schule. Komplett wendete sich seine Fraktion gegen
den geplanten Ausbau des Labertalradwanderweges: „Das können wir uns nicht
leisten.“, manifestierte Rinkes und stellte die Frage „wollen wir wirklich
die Verunstaltung des Labertals durch Wirtschaftswege“ in den Raum. Auf
dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung und der angeführten Argumente
könne seine Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen, beendete der
SPD-Fraktionssprecher seine Stellungnahme. Eine Haltung, die die Freien
Wähler und die Unabhängigen Bürger ebenfalls einnahmen. Alois Dürr
kritisierte vehement die starke Verschuldung und plädierte daher
konsequent nur das Notwendige und nicht das Wünschenswerte umzusetzen
(siehe Stellungnahme UB).
Dürr zitierte zudem den Kämmerer Josef Paulus: „Ziel muß es wie in den
letzten Jahren auch im neuen Jahr wieder sein, in verträglichem Maße
Investitionen durchzuführen und das Ziel des kontinuierlichen
Schuldenabbaus nicht außer Acht zu lassen.“ Zudem warnte er davor, dass
hinsichtlich des restlichen Wiendl-Geländes auf die Gemeinde Kosten
zukommen werden, die jedoch in den Haushaltsplanungen in keinster Weise
berücksichtigt worden sind. Kein Verständnis zeigte auch er für den
großangelegten Ausbau des Labertalradwanderweges. Hier plädierte er unter
anderem dafür, die gut ausgebaute und wenig befahrene Teerstraße von der
Friesenmühle bis zu Gleislmühle als Trasse zu nutzen, um auf diese Weise
immense Kosten zu sparen. Aus diesen Gründen verwehrte die UB-Fraktion
ebenso wie die Freien Wähler dem Haushaltsplan die Zustimmung. Georg Beer
vermisste die Balance im Haushalt und forderte angesichts der stark
steigenden Schulden und der immens sinkenden Freien Finanzspanne eine
bessere Prüfung der Wunschprojekte, eventuelle zeitliche Verschiebungen
der nicht zwingend notwendigen Maßnahmen sowie die Suche nach alternativen
Realisierungsmöglichkeiten.
"So kann man mit den
Fraktionen nicht umgehen"
Konrad Meier verteidigte seine Projekte jedoch vehement und meinte, dass
die Argumente zur Haushaltsablehnung „an den Haaren herbeigezogen“ seien.
Sein Fraktionskollege Niebler wies gleichzeitig auf die Folgen im Falle
einer Ablehnung hin, da dann keinerlei Aufträge mehr vergeben werden
dürfen und jede Maßnahme einzeln mit dem Landratsamt abgestimmt werden muß.
Angesichts der aufeinander prallenden Fronten machte Michael Eibl den
Vermittlungsvorschlag, den Haushaltsbeschluß zurückzustellen, damit sich
die Fraktionssprecher Anfang September zusammensetzen können, um die
einzelnen Haushaltspositionen nochmals durchzudiskutieren und einen Modus
vivendi zu finden. Er appellierte an den Bürgermeister, das Gremium des
Gemeinderates wieder ernst zu nehmen: „So kann man mit den Fraktionen
nicht umgehen.“, man müsse das Gespräch suchen und die Meinung des anderen
akzeptieren, konstatierte er angesichts der Diskussion und schloß: „Hier
geht es nicht um Wahlkampf, sondern um solidarische Arbeit im
Gemeinderat.“
Patt-Situation
Josef Hauser zeigte sich sprachlos angesichts der Ablehnung seitens der
drei Fraktionen. Allerdings stimmt er Eibl zu, dass der Haushalt zu spät
vorgelegt worden sei und einige Entscheidungen vielleicht anders
ausgefallen wären. Er setzte sich dafür ein, den Vorschlag Eibls
aufzugreifen, noch einmal das Gespräch zu suchen. Allerdings stimmte er
zusammen mit seiner Fraktion, sowie Gerhard Rinkes und Josef Weigert
dennoch gegen den Vorschlag. Angesichts der Ablehnung wurde anschließend
über den Haushalt abgestimmt und diese Abstimmung endete wie zu erwarten
mit einem Patt-Ergebnis, sodaß nun Beratzhausen keinen Haushalt vorweisen
kann. Laut Auskunft des Bürgermeisters werden sich jetzt die
Fraktionssprecher Anfang September zusammensetzen, um nochmals über das
Zahlenwerk zu beraten. Ende September soll dann der Haushalt erneut in
einer Gemeinderatssitzung zur Sprache kommen.
Änderung der
Vereinszuschüsse vertagt
Gleich zu Beginn der Sitzung stand ein
Antrag der Unabhängigen Bürger auf der Tagesordnung. Sie hatten im
März den Vorschlag gemacht, die Höhe der Vereinszuschüsse an der
Jugendarbeit zu orientieren. Angesichts des vorliegenden Haushaltsplanes
konstatierte Konrad Meier „Wir waren nicht in der Lage, das heuer auf die
Reihe zu bringen“ und schlug daher vor, es in diesem Jahr noch bei den
alten Modalitäten zu belassen. Alois Dürr erinnerte in diesem Zusammenhang
daran, dass laut der Bayerischen Gemeindeordnung bereits bis zum 27. Juni
über den Antrag zu beraten gewesen wäre. „Dann hätte man das Ganze auch in
Ruhe diskutieren können“, meinte er. Abschließend einigte man sich nun,
diesen Punkt in Ruhe im September und Oktober zu diskutieren, um dann die
gewonnenen Erkenntnisse in den Haushalt von 2010 einfließen zu lassen.
Andreas Niebler schlug außerdem vor, eine Arbeitsgruppe mit der
Konzepterarbeitung zu beauftragen. |