Sitzplätze für alle -
wünschenswert aber zu teuer
„Es geht um einen
großen Flächenbrand“, gab Landrat Herbert Mirbeth gleich eingangs den
Vertretern der verschiedenen Gremien zu bedenken, die seiner Einladung
zur Grundsatzdiskussion über das Thema „Sitzplätze für alle Kinder in
den Schulbussen“ gefolgt waren. Der Auslöser dieser Debatte war ein
Antrag der Unabhängigen Bürger Beratzhausen, in dem aus
Sicherheitsgründen die landkreisweite Einführung dieses Standards
gefordert wird.
Bürgermeister,
Kreisräte, Schulleiter, Polizeivertreter, Fachleute aus dem Landkreis
Regensburg, Vertreter des GFN und des RVV, sowie der Vorsitzende der
Unabhängigen Bürger Beratzhausen Michael Eibl hatten sich auf Einladung
Landrats Herbert Mirbeths im Sitzungssaal des Landratsamtes eingefunden,
um das Thema „Sitzplätze für alle Kinder in den Schulbussen“ noch vor
der Kreistagssitzung auszudiskutieren und eventuelle Weichen zu stellen.
Am Morgen vor dieser Grundsatzdiskussion hatte sich der Landrat
persönlich auf den Weg nach Pfraundorf gemacht und war testweise in dem
inzwischen immer wieder im Fokus stehenden Schulbus von Brunn über
Pfraundorf ins Schulzentrum Parsberg mitgefahren. Sein Fazit lautete nun
„er habe sich nicht unsicher, sondern unkomfortabel“ gefühlt. 71
Sitzplätze und zwei Notsitze waren an diesem Tag belegt und 14 Schüler
mußten stehen, lautete dabei das Ergebnis der gleichzeitig
durchgeführten Zählung. Allerdings spiegelt dies nicht die alltäglichen
Gegebenheiten wieder, wie Michael Eibl zu berichten wußte, denn eine
ganze Reihe von Schülern befindet sich derzeit im Skilager. Eine
Aussage, die der Dienststellenleiter der zuständigen PI Nittendorf Jakob
Schels nur bestätigen konnte. Die im Herbst durchgeführten Kontrollen
hätten ergeben, daß im Schnitt 113 Kinder mitfahren und man somit hart
am Limit des gesetzlich Erlaubten liege, gab der Dienststellenleiter
bekannt, um abschließend festzustellen: „der Handlungsbedarf liegt auf
der Hand“.
Erfüllung gesetzlicher
Bestimmungen
Der
Gesetzgeber hat Richtlinien für die Beförderung in Bussen geschaffen,
klärte der Geschäftsführer des GFN Josef Weigl die Diskussionsteilnehmer
auf. Während im Ausflugsverkehr das Anschnallen Pflicht ist, sind im
öffentlichen Linienverkehr Stehplätze zugelassen. Kreisrat Gerhard Raba
/ SPD erinnerte in diesem Zusammenhang an die gleichen physikalischen
Kräfte, die in Ausflugsbussen und im Linienverkehr wirken. Wie auch
Landrat Mirbeth verwies Weigl immer wieder auf die derzeitige
konsequente Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen. Beide gaben zu
bedenken, daß eine mit einer Sitzplatzgarantie verbundene Änderung der
Schülerbeförderungsbedingungen erhebliche finanzielle Belastungen für
den Landkreis nach sich ziehen würde. Auf der Basis, daß derzeit im
Landkreis in 150 Bussen über 10.000 Schüler sitzend und stehend in die
Schulen transportiert werden, hatte Weigl einen Mehrbedarf von 80
weiteren Bussen errechnet, die wiederum den Kreishaushalt mit rund 5 Mio
Euro belasten würden. Ein Rechenexempel, das vom Fraktionssprecher der
ÖDP Richard Wild jedoch stark angezweifelt wurde.
Frage der Sicherheit
„Es geht hier nicht um Komfort,
sondern um die Sicherheit“, betonte der UB-Vorsitzende Eibl immer wieder
und wies darauf hin, daß sich die Kinder in einem vollen Bus nicht mehr
richtig festhalten können. Aus diesem Grunde habe die UB auch den
Eilantrag gestellt und der Gemeinderat Beratzhausen sich bis zur
landkreisweiten Problemlösung für den temporär befristeten Einsatz eines
gemeindeeigenen Schulbusses entschieden, begründete er die Aktivitäten
seiner Fraktion. MdL Maria Scharfenberg / Die Grünen wußte von
zahlreichen, zum Teil von 500 Eltern unterschriebenen, Petitionen mit
ähnlichen Inhalt zu berichten, die jedoch allesamt im Landtag abgelehnt
worden sind. „Der Freistaat muß gefälligst für die richtigen
Rahmenbedingungen sorgen. Morgen könnten CSU und FDP das Gesetz ändern,
aber sie wollen es nicht“, monierte sie und führte dies auf die
Kostensituation zurück. Ebenso wie die Landtagsabgeordnete vertraten die
meisten der Anwesenden die Meinung, daß nicht der Kreistag, sondern die
Regierung durch eine Änderung der Gesetzeslage das Problem lösen müßte.
Eibl macht
Kompromißvorschlag
Angesichts der hohen Kosten verfocht Eibl einen Kompromiß und zwar die
Festlegung einer geringen Anzahl von erlaubten Stehplätzen. Es sei nicht
nur in Hinsicht auf den Komfort sondern auch auf die Sicherheit ein
Unterschied, ob fünf oder aber zwanzig Kinder in einem Bus stehen
müssen, konstatierte er und hatte die rechtliche Umsetzbarkeit einer
derartigen Regelung auch schon geprüft. Er wollte die Kreisräte
ermutigen, nicht nur nach dem Gesetzgeber zu rufen, sondern ihren
gesunden Menschenverstand einzusetzen und ihre politische Verantwortung
ernst zu nehmen, um aktuell die Spitzen zu beseitigen. Außerdem
kritisierte Eibl die schlechte Einteilung, da die Busse auch in den
Ferienzeiten fahren, um dem Status „öffentliche Linie“ aufrecht zu
erhalten und das, obwohl gar keine Fahrgäste mitfahren. Hier sah er
Einsparungspotential und eine riesige Herausforderung für die
Organisatoren. Sowohl die Parsberger Rektorin der Realschule Ingrid
Meggl als auch Mirbeth waren sich jedoch sicher, daß im Falle dieser
Kompromißlösung die Eltern der „stehenden“ Kinder sofort intervenieren
würden. Der Landrat konstatierte zudem „wenn einige in Überlandbussen
stehen müssen, dann ist das auch gefährlich. Da gibt es keinen Kompromiß“.
Versprechungen
Seitens des GFN versprach Weigl den Anwesenden die frühzeitige
Ermittlung des Schüleraufkommens, organisatorische Maßnahmen zwecks der
gleichmäßigen Verteilung des Fahrgastaufkommens und den Einsatz
geeigneter Busse, sowie die regelmäßige Überprüfung der Situation.
Außerdem schlug er die Schulung der Busfahrer im Umgang mit den Schülern
und eine Verkehrserziehung der Schüler vor. Abschließend war er sich
angesichts einer ADAC-Erhebung sicher, daß es sich beim Omnibus um das
sicherste Verkehrsmittel zur Schülerbeförderung handelt. Am Ende der
zweistündigen Debatte kam Mirbeth zu dem Ergebnis, daß Sitzplätze für
alle Kinder zwar wünschenswert wären, in der Realität dies aber nicht
bezahlt werden könne. Auch der Staat ändere seine Gesetze nicht, da er
die Folgen ebenfalls nicht finanzieren könnte, war er sich sicher. |