Stellungnahme Josef Bezolds zum geplanten Verkauf des Wiendl-Geländes


von Josef Bezold, Kreisrat

Beratzhausen, 15.01.2012

Verkauf des Wiendlgeländes - ein wertvolles Ortsentwicklungsareal -

Ein Zwischenruf – bitte um Diskussion und die Entscheidung nochmals zu überdenken

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Meier,
Sehr geehrte Frau Markträtin, sehr geehrte Herren Markträte,

seit über drei Wochen gibt es in den Wirtshäusern und auch bei Besuch von Freunden das Gerücht, der Markt Beratzhausen will das Wiendlgrundstück an die Norma (?) verkaufen. Mich beschäftigt seither dieses Thema emotional stark. Lang habe ich mir überlegt zu schweigen. Nun aber, nach reiflicher Überlegung habe ich mich doch hingesetzt, um Ihnen zu schreiben. Täte ich es nicht, würde ich mir als heimatliebender und verantwortlicher Bürger in Zukunft stets den Vorwurf machen eine Chance vertan zu haben. Als langjähriger ehemaliger verantwortlicher Mandatsträger bitte ich Sie, die bisherige Entscheidung nochmals zu überdenken und erst nach in einer breiten öffentlichen Diskussion – hier könnten wir uns an Hemau ein Beispiel nehmen – zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen.

Die Fakten:

Der Markt Beratzhausen hat vor über 15 Jahren das Grundstück mit ca. 4500 m² für 1,3 Mill. DM gekauft, weil aus der Sicht der damaligen Markträte und des Bürgermeisters die eine einmalige Chance bestand, dieses weitläufige Grundstück nach der Schließung der Brauerei erwerben zu können. Ich gehöre auch zu den damaligen Entscheidungsträgern die für den Kauf stimmten. Das Gelände sollte teilweise für die Schule genutzt werden (ca. 1000 m² - heute nicht mehr notwendig), die Restflächen aber einer attraktiven gewerblichen oder auch gemeindlichen Nutzung zugeführt werden, die das Zentrum des Marktes aufwerten und bereichern sollten. Über viele Jahre wurden Konzepte diskutiert, Wettbewerbe über eine mögliche Nutzung durchgeführt und nur ein kleiner Teil davon ansehnlich realisiert. Die Restflächen, sicher über 3500 m², wurden vorübergehend für die Jugendarbeit, kulturelle Veranstaltungen genutzt, ein Teil ist vermietet und „dümpelt“ einer ungewissen Zukunft entgegen. Was die Situation aktuell verschärft ist die Tatsache, dass ein Dach nun schadhaft ist und etwas unternommen werden muss.

 

Die wirtschaftliche Seite

Die Gemeinde hat damals mit Unterstützung der Regierung durch zinsgünstige Darlehen und Städtebaufördermittel das Grundstück erworben. Wir alle waren damals der Meinung eine aufstrebende Gemeinde wie Beratzhausen wird da schnell Partner finden, was leider nicht der Fall war. Viel Geld ist in Planungs- und Entwicklungskonzepte geflossen, es wurden sehr interessante Ideen geboren z. B. im Turm ein Restaurant mit einem „foucaultschen Pendel“, kleinteilige gewerbliche Nutzung, künstlerische Areale, die Einbindung der Vereine, für all das gab und gibt es Pläne, aber zu wenige attraktive Partner.

Der Markt Beratzhausen ist leider aus der Städtebauförderung herausgefallen, da keine Anträge mehr gestellt wurden. Damit können auch diese staatlichen Töpfe, die auch für den Abbruch von Altbeständen eine Förderung bis zu 60 % vorsehen, nicht mehr angezapft werden. Dies aber kann jederzeit in Zukunft wieder korrigiert werden. Die genauen Aufwendungen und die Erträge aus Vermietung und Nutzung für Veranstaltungen können heute sicher nur mehr schwer festgestellt werden, denn mancher Vorteil, wie „Open Air Konzerte“ und künstlerische Aktionen hatten sicher mehr einen emotionalen oder Imagewert, als einen ökonomischen. Ich erinnere hier an die Tausenden von Zuschauern der „Rockkonzerte“. Heute gibt es auch diese Szene nicht mehr. Schade!

Wenn es stimmt, was überall in der Öffentlichkeit erzählt wird, dass die Gemeinde für das gesamte Restareal nur etwas mehr etwas mehr als netto 200.000 € erzielt, dann ist dies ein Betrag, der die Schuldenlast der Gemeinde kaum senkt. Der Wert des Grundstückes liegt sicher mehr als dreimal so hoch. Die jährliche Zinsersparnis durch die Schuldentilgung von 200.000 € liegt bei max. 8000 € - das gefährdet sicher nicht den gemeindlichen Haushalt.

Wenn schon die Gemeinde das Grundstück „los haben will“, dann darf sie es nur nach den Grundsätzen von Art. 75 GO tun. Aus diesen Gründen müsste das Grundstück dann öffentlich ausgeschrieben werden, um es an den Meistbietenden veräußern zu können, das aber auf der Basis eines Mindestgebotes. Aus diesem Grunde ist auch die Rechtaufsicht vorher einzuschalten. Die öffentliche Kritik die ich oftmals in Beratzhausen höre bemängelt hier außerdem die „Geheimniskrämerei“.

Und sollte die Gemeinde momentan nicht zu den gewünschten Konditionen verkaufen können oder einen entsprechenden Investor finden, der aus dem Grundstück einen echten Beitrag zur Ortsentwicklung liefert, dann kann das Areal mit Fördermitteln aus der Städtebauförderung in Zukunft freigelegt werden – was sicher auch Geld kostet, aber dann für eine optimale Vermarktung bereit steht.

 

Ortsentwicklung und Ziele örtlicher Kommunalpolitik

Der Markt Beratzhausen braucht wohl aus objektiver Betrachtung keinen weiteren Supermarkt zur Stärkung der Zentralität und Förderung der örtlichen Wirtschaft. Wir müssen vielmehr befürchten, dass durch diese Entwicklung weitere kleinere Einzelhandelsunternehmen im Zentrum gefährdet sind und unser Markt durch zusätzliche Leerstände noch mehr „verödet“.

Schon aus diesem Grunde ist ein Verkauf an eine Supermarktkette kein Vorteil für die Ortsentwicklung, sondern eher ein großer Schaden.

In der letzten Zeit haben wir viel vom Bürgergeist geredet und diesen auch erlebt. Ich habe das Gefühl es geht ein Ruck durch die Gemeinde, die Menschen wollen mithelfen, dass unsere schöne Labertalgemeinde wieder vorankommt. Nutzen wir diesen „Aufwind“, appellieren wir an unsere engagierten Bürger, Unternehmer und Vereine an diesem gemeinsamen Ziel mitzuarbeiten. Ich bin mir sicher, dass so ein Appell weitere vorhandenen positive Potenziale freisetzen wird. Ich werde in meiner ehrenamtlichen Funktion als ARGE – Vorsitzender in der nächsten Sitzung am Mittwoch bereits dafür werben.

 

Bisherige Entscheidung überdenken

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Meier, verehrte Markträtin und Markträte.

Ich kann mir gut vorstellen, dass mein Schreiben nicht gerade zu Ihrem Wunschkonzert gehört. Aber ich wollte Ihnen einfach nochmals aufzeigen, was es zu bedenken gibt und dass diese bisherige Entscheidung für die Gemeinde weder für eine finanzielle Gesundung noch für die moderne Ortsentwicklung einen positiven Beitrag leistet. Persönlich halte ich diese Entscheidung aus meiner Lebenserfahrung heraus für falsch. Aber als Entscheidungsträger stehen Sie in der Verantwortung und müssen sich dafür auch rechtfertigen.

Vor einer endgültigen Entscheidung zur Veräußerung des Grundstückes bitte ich Sie vorher wenigsten eine breite Diskussion mit der Bürgerschaft, den Orts- und Heimatpflegern sowie den Vereinen öffentlich zu führen. Sonst müssten Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass nach so langer Zeit, bisheriger Entwicklung und der „Reifung“ auf die „Schnelle“ und ohne Not, das wohl wertvollste Grundstück im Zentrum – das erwerbbar und verwertbar ist – „verschleudert“ zu haben. Ich danke Ihnen, dass Sie sich der Mühe unterzogen haben, dieses Schreiben ausführlich zu lesen – und hoffe es ist nicht nur in den Wind gesprochen. Transparenz und Offenheit sind aber wichtig für den Mitmachbürger!

 

Mit freundlichen Grüßen

Josef Bezold

 

Wer das Ziel kennt, kann entscheiden;

wer entscheidet, findet Ruhe,

er Ruhe findet, ist sicher,

wer sicher ist, kann überlegen,

wer überlegt, kann verbessern. Konfuzius