Landkreispolitik betrifft alle!
Die Unabhängigen
Bürger und die Freien Wähler Beratzhausen hatten unter dem Motto
„Kreistagspolitik geht uns alle an“ zu einem Informationsabend mit den
Kreisräten Josef Bezold und Alois Dürr eingeladen. Zur Sprache kamen
dabei die unterschiedlichsten Themen, die angesichts ihrer Vakanz den
Vorsitzenden der Freien Wähler Beratzhausen Martin Tischler zu der
Feststellung veranlaßten, daß man einen derartige Infoveranstaltung des
Öfteren organisieren sollte.
„Viele
verkennen, welche Summen der Landkreis transportiert“, leitete Kreisrat
Josef Bezold seinen Vortrag ein, nannte die stolze Haushaltssumme von
137 Mio. Euro für 2010 und konstatierte, daß die Wirtschaftskrise den
Landkreis nicht so stark erreicht hat, wie andere Sektionen. Bei einer
Zuführung von 14,6 Mio Euro zum Vermögenshaushalt, einer Freien
Finanzspanne von 11,6 Mio Euro und einem Schuldenabbau von 8,4 Mio Euro
habe der Landkreis doch einen nicht unbedeutenden finanziellen
Spielraum, verdeutlichte er den Anwesenden, bevor er einzelne derzeit
vakante Themen näher beleuchtete.
FOS/BOS-Standort:
Lösungsvorschlag der FW
Die Bildungslandschaft und in diesem Zusammenhang der inzwischen
mehr als viel diskutierte FOS/BOS-Standort bildeten einen der
Schwerpunkte. Für die berufliche Oberschule, die seit ihrem Bestehen
noch nie zentral in einem Gebäude untergebracht werden konnte und
derzeit auf vier verschiedene Standorte aufgeteilt ist, habe der
Landkreis 12 Mio Euro in den Haushalt eingestellt, gab Bezold bekannt,
um anschließend auf die Hintergründe der derzeitigen kontroversen
Diskussionen zwischen Stadt und Landkreis Regensburg einzugehen.„Es ist
nicht mehr hinnehmbar, dass das Thema Berufliche Oberschule über die
Medien als reine Politschacherei abgehandelt wird. Dies entspricht weder
dem Schüler- noch dem Elternwillen und schadet außerdem der politischen
Kultur.“, kommentierte er die Streitgespräche und sah in den beiden
Beschlussvorlagen von Stadt und Landkreis Regensburg aufgrund ihrer
Gegensätzlichkeit keine Realisierungsbasis. Daher schlagen nun die
Freien Wähler einen „runden Tisch“ vor, an dem sich alle Beteiligten aus
Stadt- und Landkreis treffen sollten, um eine zukunftsorientierte Lösung
zu finden. Ähnlich wie im Fall von Gymnasien und Realschulen schon
erfolgreich praktiziert, schwebt ihnen eine Beteiligung von Vertretern
der Stadt- und Kreistagsfraktionen, von OB Schaidinger und Landrat
Mirbeth, sowie des Kultusministeriums und der betroffenen Schulen vor,
erläuterte der Referent. „Es ist eine Tragik, daß Stadt und Land nicht
miteinander reden können und es ist ein Skandal, wenn sich zwei Gremien
nicht entscheiden können und darunter die Schüler leiden “, bedauerte
Michael Eibl die derzeitige Situation. Er plädierte dafür, das Wohl der
Schüler in den Mittelpunkt zu stellen, so wie es im Kleinen mit dem
Mittelschulverbund mit Parsberg geschehen ist.
Schulsituation in
Beratzhausen
Generell habe der Landkreis eine gute Schulpolitik mit dem Gymnasium
in Lappersdorf und der neuen Realschule in Neutraubling gemacht, lobte
Bezold die Projekte der Vergangenheit, sparte allerdings auch nicht mit
Kritik an der Art der Einführung der Mittelschule, denn hier habe der
Freistaat ganz bewußt das Konnexitätsprinzip umgangen und die Kosten für
die Reform müßten nun die Kommunen alleine tragen. Allein schon die
Schülerbeförderungsgebühren, die nun 5,9 Mio Euro im Landkreis
Regensburg betragen, belasteten ganz erheblich die Kassen, rief er in
Erinnerung. Bei der Gelegenheit fokussierte Rektor Werner Freiss die
Schulsituation in Beratzhausen. „Wir sind ein riesiger Sonderfall, denn
wir sind eine Mittelschule ohne Klasse“, gab er bekannt und erläuterte,
daß es nicht ausgeschlossen sei, daß sich im kommenden Jahr wieder eine
fünfte Klasse bilden wird und man den Status erhalten habe, um die
Gottfried-Kölwel-Schule nicht ab sofort für immer zur reinen Grundschule
zu degradieren. Mit dem Titel „Mittelschule“ ist zudem ein finanzieller
Vorteil für die Gemeinde verbunden, denn so sind nur Gastschulbeiträge
von rund 600,-- € pro Schüler per anno zu zahlen statt der
Schulverbandsbeiträge in vierfacher Höhe, erklärte Freiss. Allerdings
sehen seine Prognosen für die Zukunft nicht besonders rosig aus, da die
Geburtenzahlen eine sehr deutliche Tendenz nach unten aufweisen. „Wir
brauchen ein zentrales Schulhaus, das Spazierenfahren der Schüler muß
aufhören“, meinte Bezold und vertrat die Meinung, daß es in Zukunft nur
noch fünf zentrale Schulstandorte im Landkreis geben wird. Auch das
Thema „gebundene Ganztagsschule“ kam bei dieser Gelegenheit zur Sprache.
Generell war man der Ansicht, daß es das Modell der Zukunft ist. Josef
Bezold wollte nun noch wissen, ob sich mit der Einführung der
Mittelschule wirklich eine Qualitätsverbesserung ergeben hat, oder aber
ob es sich lediglich um einen „Etikettenschwindel“ handelt. „Der
Lehrplan ist wie früher, aber durch die größeren Einheiten ergeben sich
andere Gestaltungsmöglichkeiten für die praktischen Fächer“ lautete die
Antwort des Rektors, der zudem auf die verstärkte Vertiefung der
Berufsorientierung verwies. Eibl fragte nach der Umsetzung der
propagierten individuellen Förderung und wollte wissen, ob für die
Realisierung mehr Lehrerstunden vorgesehen sind. Doch mehr Lehrerstunden
gibt es nicht.
Schwachstellen im
Landkreis
Insgesamt stehe der Landkreis Regensburg sehr gut da, allerdings
seien auch einige Schwachstellen zu verzeichnen, erläuterte der Kreisrat
und verwies zum einen auf die noch immer flächendeckend fehlende
Datenautobahn und zum anderen auf die mangelnde Verkehrsanbindung des
westlichen Landkreises an die Stadt. Die Westbrücken seien verstärkt
einzufordern, auch wenn sie mit einer großen Investitionssumme verbunden
sind, konstatierte er, erläuterte die Versionen Kneitinger- und
Sinzinger Brücke und verwies auf die Machbarkeitsstudien. Kurz
angesprochen wurde zudem der Neubau des Landratsamtes für 24,4 Mio Euro.
Hinsichtlich der DSL-Versorgung wollte Martin Tischler wissen, wieso der
Landkreis angesichts seiner guten finanziellen Situation nicht Geld in
diesen Bereich steckt. Bayern würde pro Gemeinde lediglich 100.000,--
Euro als finanzielle Unterstützung einer flächendeckenden
Breitbandversorgung investieren, andere Bundesländer jedoch 500.000,--
Euro, gab Bezold in diesem Zusammenhang zu bedenken. Der Landkreis müßte
daher in Millionenhöhe in dieses Aufgabenfeld einsteigen und
anschließend stelle sich die Frage, wem es dann gehört. „Ich habe die
Wahlversprechen satt, denn niemand setzt sich wirklich für ein
flächendeckendes DSL ein“, kommentierte Rupert Liebl das Thema und
verwies auf die Probleme, mit denen Wirtschaft und Unternehmer
konfrontiert werden, die an ihrem Firmensitz nicht auf die
„Datenautobahn“ zurückgreifen können.
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KKH
Hemau: „Portalklinik“ - letzte Chance vor dem endgültigen Aus
Intensiv
diskutiert wurde an diesem Abend das Thema „Krankenhaus Hemau“, nachdem
Alois Dürr einen Überblick über die neuesten Lösungsansätze zum weiteren
Betreiben des bis dato defizitären Hauses gegeben hatte. „Portalklinik“
vom Wörther Krankenhaus lautet hier das Stichwort.
Vor einigen Jahren
hatte man das Hemauer Krankenhaus in ein Gesundheitszentrum mit den
Schwerpunkten Naturheilkunde und Präventivmedizin umwandeln wollen und
zu diesem Zweck auch Geld in die Hand genommen. Das Konzept scheiterte
jedoch aus verschiedenen Gründen. Fakt ist, daß sowohl die Beleg- als
auch die niedergelassenen Ärzte und die Patienten das Krankenhaus nicht
annehmen. 2007 wurde es dann unter der Bauträgerschaft des BRK für
insgesamt 7 Mio Euro komplett saniert. Der Landkreis war mit einem
Zuschuß von 1,9 Mio Euro mit im Boot. Außerdem wurde dem BRK ein
50jähriges unentgeltliches Nutzungsrecht mit der Option auf weitere 50
Jahre zugestanden. Ein Punkt, der unter anderem bei Kreisrat Josef
Bezold auf heftige Kritik stößt, da er darin eine Wettbewerbsverzerrung
mit Hilfe von öffentlichen Geldern sieht. Auf jeden Fall wurden nach dem
Umbau 90 Betten für das Seniorenheim reserviert und für das Krankenhaus
blieben 30 übrig. Das ganze Unternehmen nennt sich inzwischen „Zentrum
für integrierte Versorgung Hemau“ und wirbt mit seinem
Alleinstellungsmerkmal, da der Akutbereich für Innere Medizin und das
Seniorenheim sowie ein Therapiezentrum unter einem Dach sind. Dennoch
hatte dieses Konzept nicht den erwünschten Erfolg.
Defizite
2004 hatte das Hemauer Krankenhaus noch 1005 Patienten und somit
eine ausreichende Auslastung. Im Laufe der Jahre bewegte sich diese Zahl
immer weiter nach unten. Waren es 2008 noch 580 Patienten, wodurch sich
eine Auslastung von immerhin 63,52 Prozent ergibt, werden es 2010
voraussichtlich nur noch 472 Patienten sein. Trotzdem die Bettenzahl
erneut gekürzt wurde und man derzeit noch 20 Betten vorweisen kann,
liegt die Auslastung bei gerade mal 45,59 %. Im Klartext bedeutet das,
daß von 20 Betten im Schnitt nur neun belegt sind. Nicht ganz so
dramatisch gestaltet sich dabei die defizitäre Entwicklung, da man seit
2009 den Synergieeffekt mit dem Seniorenheim nutzt. 2007 sprach man
daher noch von einem Defizit in Höhe von 945.000,-- Euro, 2010 sind es
jedoch nur noch 130.000,-- Euro. Zu beiden Summen, die vom Landkreis zu
tragen sind, müssen allerdings noch die Gelder für die beiden
Assistenzärzte in Höhe von 200.000,-- Euro addiert werden. Aufgrund der
komplizierten Strukturen im Gesundheitswesen und umfangreichen Verträgen
mit dem Träger des Seniorenwohnheims RKS muß nun mit einer weiteren
Budgetkürzung durch die Krankenkassen und einer Bettenkürzung auf 17
durch das Gesundheitsministerium gerechnet werden. Krankenhaus Direktor
Heinrich Karl hat auf Initiative von Landrat Herbert Mirbeth und mit
Unterstützung der leitenden Chefärzte von Wörth nun ein Konzept
vorgelegt, das Krankenhaus dennoch zu retten und zwar, indem man es zur
Portalklinik von Wörth macht.
Portalklinik
Was muß man sich nun unter einer Portalklinik vorstellen? Es handelt
sich dabei um eine stationär geprägte Einrichtung der „unteren
Versorgungsstufe“ mit geringer Bettenzahl, die als Anlaufstelle für
Patienten und Ärzte der Region fungiert und in erster Linie die
Diagnostik als ihre Aufgabe ansieht. Dies umfaßt eine durch einen
Oberarzt und qualifizierte Assistenzärzte gewährleistete
Notfallversorgung, die Erstellung der ersten Befunde und eine
konservative stationäre Behandlung. Bei Bedarf muß der Patient jedoch
anschließend nach Wörth verlegt werden. Von Anfang an soll mit
Krankenhaus Wörth, das einen hervorragenden Ruf hat, kooperiert werden.
Von dort sollen qualifizierte Ärzte nach Hemau kommen, entweder Chef-
oder ein Oberarzt ständig vor Ort sein. Unterstützt werden soll das
System durch moderne Telemedizin und einem Wissenstransfer zwischen
Spezialisten. Auf diese Weise will man sich in einem wandelnden Umfeld
neu positionieren, das Image aufwerten und die Qualität der
medizinischen Versorgung steigern, was wiederum eine Verbesserung der
wirtschaftlichen Situation zur Folge hätte und die Existenz sichern
würde. Außerdem will man die Akzeptanz des Krankenhauses bei den
niedergelassenen Ärzten in der Region steigern. „Wir können das Haus nur
retten, wenn es von den Menschen und niedergelassenen Ärzten angenommen
wird“, sind sich die Kreisräte einig.
Nicht nur
wirtschaftlichen Aspekt betrachten
Man dürfe die Angelegenheit nicht rein aus wirtschaftlicher Sicht
betrachten, gab Kreisrat Alois Dürr an diesem Abend zu bedenken, denn
dann müsse man das Krankenhaus wirklich zusperren. Er vertrat jedoch die
Meinung, man sollte „es noch mal versuchen“ und die Tendenz im kommenden
Jahr abwarten. Sollte sich die Belegzahl der Betten dann immer noch
nicht erhöhen, könne man das Haus immer noch schließen, meinte er und
hofft auf eine Imageverbesserung und eine erhöhte Akzeptanz seitens der
Bevölkerung und den niedergelassenen Ärzten, die derzeit kaum Patienten
in das Hemauer Krankenhaus einweisen. Er hält das Konzept „Portalklinik“
zunächst einmal für einen guten Rettungsversuch und gibt zu bedenken,
daß auf diese Weise die wohnortnahe Versorgung im westlichen Landkreis
gesichert würde. Im Übrigen führte er die Arbeitsplätze an, die sonst in
Gefahr sind und die Wirtschaftskraft, die bei einer Schließung der Stadt
Hemau verloren ginge. Kreisrat Josef Bezold tendierte jedoch in eine
andere Richtung. Als Fraktionssprecher der Freien Wähler im Kreistag
kennt er die Stimmung vor allem der Kreisräte aus dem übrigen Landkreis,
die alle dafür plädieren nicht noch mehr Geld in das Hemauer Krankenhaus
zu stecken und dass man irgendwann die Reißleine ziehen muss, da es um
Steuergelder geht, die besser eingesetzt werden könnten. Zudem erinnerte
Bezold an die Abstimmung vor vier Jahren: bereits damals hatten die
Freien Wähler gegen eine weitere Subventionierung gestimmt.
Notwendigkeit für
Daseinsvorsorge?
Die zentrale Frage, ob man das Krankenhaus wirklich für die zentrale
Daseinsvorsorge benötigt, wollte Michael Eibl beantwortet wissen, denn
wenn dies der Fall ist, dann könnte der Landkreis auch Geld für eine
weitere Aufrechterhaltung des Krankenhauses in die Hand nehmen,
ansonsten jedoch nicht. Gleichzeitig verwies er auf das
Parsberger-Krankenhaus, das diese vor-Ort-Versorgung in der Region
sichert.. „Man sieht doch, es wird nicht angenommen“, kommentierte
Wolfgang Ruppelt die Diskussion rund um das Hemauer Krankenhaus und auch
die Leiterin des Hemauer AWO-Heims Erika Ferstl – die wie alle Hemauer
Seniorenheime ihre Bewohner in das örtliche Krankenhaus schickt - gab zu
bedenken, daß Seniorenheimbewohner nur in leichteren Fälle im
Krankenhaus vor Ort behandelt werden können, die anderen jedoch direkt
in eine Regensburger Klinik eingewiesen werden müssen. Walter Fleck
stellte in diesem Zusammenhang die Frage in den Raum, wie ein 20-Betten
Haus überhaupt wirtschaftlich geführt werden kann und Franz Padberg
bezeichnete das Hemauer Krankenhaus als „Faß ohne Boden“.
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