25 Jahre Sanierung Zehentstadl – Erinnerung an einen steinigen Weg
Seit
der Sanierung des Beratzhauser Zehentstadls sind 25 Jahre vergangenen.
Inzwischen wird er von allen als Veranstaltungsort hoch geschätzt, doch
das war nicht immer so, denn es handelte sich nicht um eine gewöhnliche
Sanierung eines Gebäudes. Schon der Weg bis hin zur Entscheidung, das
Projekt in Angriff zu nehmen, war nicht nur steinig, sondern von massiven
Auseinandersetzungen, Kontroversen und sogar Drohungen geprägt. Manch
einer der Zeitzeugen spricht hier gar von einem „Beratzhausener
Wackersdorf“. Immer wieder habe man Stimmen gehört „Der alte Stoahaufen
g'hört weggerissen“, kann sich zum Beispiel Josef Bezold erinnern und
spricht von regelrechten Kämpfen quer durch die Bevölkerung und die
politische Szene.
Die
Geschichte der Sanierung des Beratzhauser Zehentstadls füllt mehrere
Aktenordner und Archivschachteln. Das im 16. Jahrhundert errichtete
Gebäude fungierte zunächst als „Amtsgetreidekasten“, bevor es 1805 in den
Privatbesitz der Brauerei Engl überging. Mitte der dreißiger Jahre wurde
bei Umbaumaßnahmen massiv in die Bausubstanz eingegriffen. Bis 1963 wurde
der Zehentstadl als Brauereigebäude genutzt. Anfang der 80er Jahre stand
nun seitens der Familie Wiendl die Schenkung an den Markt Beratzhausen im
Raum, die zunächst einmal abgelehnt worden war. Hier begann ein für die
Marktgemeinde sehr prägender Prozess. Bereits im August 1982 begannen die
Diskussionen um die Finanzierbarkeit der Sanierung und die
Zuschußmöglichkeiten. Zum gleichen Zeitpunkt war ein „Haus des Gastes“ im
Gespräch, wobei eine ganze
Reihe
von Gemeinderäten den Abriß des alten Schulhauses und einen Neubau
anstelle der Sanierung des Zehentstadl favorisierten. In diesem
Zusammenhang rechnete Josef Bezold seinen Ratskollegen vor, daß die
Sanierung aufgrund der hohen Zuschüsse günstiger wäre als besagter Neubau,
der mit 1 Mio DM die Gemeindekasse belastet hätte und Franz-Xaver Staudigl
warnte davor, den Erhalt eines historischen Gebäudes rein unter
finanziellen Gesichtspunkten zu sehen. Selbst der damalige Landrat Rupert
Schmid sprach sich für die Erhaltung der Bausubstanz aus, ebenso wie die
Regensburger Altstadtfreunde und natürlich Peter Schaaf in seiner Funktion
als Sprecher der „Freunde des Zehentstadls“. Laut der Zeitung „Die Woche“
fand im November 1982 eine Podiumsdiskussion im Cafe Titania statt. In
diesem Rahmen konnte eine Art „Expertentisch“ - bestehend aus dem
Bezirkstagspräsidenten, den Kreis- und Bezirksheimatpflegern,
sanierungserfahrenen Experten aus Regensburg und Vertretern der
zuständigen Ämter - die rund 250 Besucher der Veranstaltung von einer
Sanierung überzeugen. Doch in der darauf folgenden Gemeinderatssitzung
wurde das Projekt trotz der zugesagten Zuschüsse und der Expertenmeinungen
dennoch mit neun zu sieben Stimmen abgelehnt. Auch wenn Staudigl damals
appellierte, die „fraktionsideologischen Argumente beiseite zu schieben“,
wollte sich Hermann Laßleben nicht „von der Regierung unter Druck setzen“
lassen, befand Erhard Nitschmann das Projekt als zu großspurig und warnte
vor den Folgekosten. Nach dieser Entscheidung schaltete sich unter anderem
die CSU-Mittelstandsgemeinschaft unter dem Vorsitz von Richard Fürbacher
ein und appellierte an die Gemeinderäte, ihre Entscheidung nochmals zu
überdenken, da die Einstellung des Bauvorhabens nicht wieder gut zu machen
sei. Ähnlich lautende Schreiben trafen von der Handwerkskammer, dem
Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Bauring Regensburg ein, in denen man
sich unisono für den Erhalt des historischen Gebäudes aussprach und auf
die wirtschaftlichen Aspekte des Projekts hinwies. Einer der größten
Unternehmer am Ort, beließ es nicht beim Appell, sondern prangerte den
Zuschußverfall an und drohte, ab sofort jedes Geschäft außerhalb
Beratzhausens abzuwickeln, die Vereine bei Spendenanfragen an die
Gemeinderäte zu verweisen und keine Beratzhauser mehr als Mitarbeiter
einzustellen, sowie seinen Firmensitz zu verlegen, wodurch die
Gewerbesteuer auch nicht mehr nach
Beratzhausen
geflossen wäre. Und er bewegte damit etwas, denn auf einmal stimmte der
Gemeinderat für die Beantragung der Sanierungszuschüsse. Am 01. September
1983 ist dann in „der Woche“ zu lesen „Zehentstadl wird feierlich
übergeben – Groll hinter den Kulissen“. Zu lesen ist hier auch von der
demonstrativen Ablehnungshaltung einiger der Gegner während der
Feierlichkeiten, darunter unter anderem Laßleben, Nitschmann, Bauer und
Kastl. Er sei damals nicht generell gegen den Erhalt des Gebäudes gewesen,
sondern habe lediglich die Finanzierung der Gesamtsanierung in Frage
gestellt, relativiert Altbürgermeister Laßleben diesen Bericht und spricht
heute von einem gelungenen Projekt, das unter seiner Amtszeit realisiert
wurde. Auf jeden Fall konnte damals die Instandsetzung endlich ihren Lauf
nehmen und um die Kosten für die Gemeinde noch weiter zu senken, wurde
eine Stodlkirwa im Schulhaus veranstaltet, wurden Spenden eingebracht,
darunter allein 60.000,-- DM von der Firma Schleyerbach.
Im Endeffekt kostete die Sanierung den Markt Beratzhausen rund 820.000,--
DM, denn von der Gesamtinvestitionssumme konnten Zuschüsse und Spenden in
Höhe von fast 2,7 Mio DM abgezogen werden.
Fraktionszwang damals noch extremer als heute
n der Spitze der Freunde des Zehentstadl stand damals Peter Schaaf, der
heute anläßlich des Sanierungsjubiläums konstatiert: „die vergangenen 25
Jahre haben gezeigt, daß wir damals Recht hatten“ und er freut sich, daß
man ihn inzwischen sogar als Berater bei ähnlichen Projekten, wie zum
Beispiel bei der Sanierung des Hemauer Zehentstadls und der Burg
Dollenstein hinzugezogen hat. Der Fraktionszwang sei damals noch viel
wirkungsvoller als heute gewesen, einige CSU-Mitglieder hätten daher
regelrecht Angst gehabt, für die Sanierung des Zehentstadl zu stimmen,
erinnert er sich und nennt als Beispiel den damaligen Gemeinderat Alfons
Rödl, der allein schon angesichts der Äußerung, man sollte den
CSU-Standpunkt vielleicht doch noch mal überdenken, „Prügel“ bezogen habe.
Er hätte aufgrund der vielen unschönen Vorfälle die Menschen so richtig
kennengelernt, feststellen müssen, wie hintertrieben manche sind, gibt
Schaaf zu bedenken und erinnert sich an regelrechte „Grabenkämpfe“, die
sich zum Teil quer durch die Familien gezogen hätten.
Historischer Kern nur erahnbar
Nachdem der Abriß des Zehentstadls im Raum gestanden habe, hätte er sich
zusammen mit einigen anderen das Gebäude von innen angesehen und sei sich
wie in einem Messi-Haus vorgekommen, erzählt Schaaf von den Anfängen. Im
Rahmen einer zweiten Führung hätten sich spontan die Freunde des
Zehentstadls zusammengefunden und zwar mit dem Ziel, daß zunächst einmal
die Bausubstanz untersucht wird. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien sie
sich allerdings auch sicher gewesen: „sollte das Ergebnis
positiv
ausfallen, muß der Zehentstadl renoviert und der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden!“. Auf historische Gebäude spezialisierte Architekten haben
damals das Gebäude vermessen, zudem hatte Hermann Wittl noch einen
privaten Architekten engagiert, der eine Zeichnung angefertigt hatte, wie
das Haus im entkernten Zustand aussehen könnte. Hier muß man bedenken, daß
kein Raum so aussah, wie man ihn heute kennt, sondern Einbauten und
ähnliche Dinge den historischen Kern nur erahnen ließen. Zum engeren Kreis
der Freunde des Zehentstadl zählten damals neben Peter Schaaf und Fritz
Schleyerbach Hermann Wittl, Max Spitzenberger, Prof. Dr. Erich Kohnhäuser,
Josef Bezold und Alois Dürr. Vorallem die Regensburger Altstadtfreunde
hätten ihnen damals besonders geholfen, ebenso wie eine sehr aggressive
Zeitung, erzählt Schaaf. Er berichtet auf der anderen Seite von
exorbitanten Zahlen, die von Hans Kastl geschätzt und in Umlauf gebracht
worden seien, um das Projekt zu verhindern. Gestimmt hätten sie nicht,
dafür könne man jedoch sagen, daß aufgrund der 90%igen Bezuschussung kein
Gebäude in Beratzhausen günstiger als der Zehentstadl saniert wurde. Von
der anschließenden Nutzung will er gar nicht erst sprechen, denn die
ärgsten Gegner des Zehentstadls hätten als allererste ihre Gäste in das
Gebäude geführt und würden heute auch nie mehr zugeben, dagegen gewesen zu
sein. In der Festschrift anläßlich der Einweihung 1987 hatte er damals
geschrieben, der Zehentstadl werde „die Bürger Beratzhausens bereichern,
da darin kulturelle Veranstaltungen verschiedener Art möglich werden.“ und
zu bedenken gegeben, daß allein schon die Sanierung einen Umdenkungsprozeß
in Bezug auf Tradition, Geschichtsbewußtsein und Heimatliebe in Gang
gesetzt habe.
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